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24.09.2016 - PNP - "Der Fluss wird immer als Gegner gesehen"

Donau von mittlerer Wasserqualität – HCBD-Werte bei Aalen überschritten – Bedarf an Fischtreppen und Kiesbänken zum Laichen 

von Daniela Pledl

Am Sonntag ist internationaler Tag der Flüsse. Kaum eine Stadt ist so von Wasser geprägt wie Passau. Nur hier fließen drei Flüsse aus drei Himmelsrichtungen zusammen und starten gemeinsam in die vierte. Grund genug also, um sich umzuhören, wie es derzeit um Ilz, Donau und Inn bestellt ist.

Die gute Nachricht zuerst: Bei der Wasserqualität gibt es keinen Grund zur Besorgnis. Laut Diplombiologe Ludwig Butz vom Wasserwirtschaftsamt könne man durchaus zufrieden sein. Vor allem was den Inn betrifft, der aufgrund seiner alpinen Beschaffenheit als Vorreiter gelte.

Die fünfstufige Bewertung der Flüsse entsprechend der Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie erfolgt über verschiedene Indikatoren der Tier- und Pflanzenwelt: Über wirbellose Kleintiere im Substrat, fest sitzende Pflanzen und Algen, frei schwebende Algen und Fische. Hinzu kommen chemisch-physikalische Grundparameter. Die Ilz (Messstation Kalteneck) und der Inn (Messstation Ingling) weisen über alle Kategorien hinweg eine gute Beurteilung auf. Nur die Donau (Messtation Windorf/Kachlet) wird insgesamt als mäßig eingestuft, weil die Indikatoren im Bereich der Pflanzenwelt nur mittlere Ergebnisse (Stufe 3) aufweisen.

Schuld sind, so Butz, wohl höhere Nährstoffeinträge, die entweder punktuell durch Kläranlagen oder aber diffus, beispielsweie über landwirtschaftliche Flächen, die bei Starkregen ausgeschwemmt werden, von statten gehen."Vieles ist schon besser geworden", erklärt Butz mit Blick auf die Einleitung von Nährstoffen. Zum Beispiel durch Verzicht auf Phosphor in Waschmitteln. Aber gerade was diffuse Einträge betreffe, stehe man noch immer vor einer großen Herausforderung.

Das sieht auch Karl Haberzettl vom Bund Naturschutz, Kreisgruppe Passau, so. Die Klärtechnik und das Umweltbewusstsein von Politik und Bevölkerung hätten sich gebessert, aber der zunehmende Abfall aus Biogasanlagen und die intensive Landwirtschaft würden nach wie vor ein großes Problem darstellen. "Rein ökologisch", erklärt er, vertrage ein Hektar landwirtschaftliche Fläche nur zwei Großvieheinheiten, also zum Beispiel zwei Kühe.

Dennoch findet auch Haberzettl, dass sich die Stadt Passau über die Qualität ihrer Flüsse freuen könne. Und dass sie auf sie aufpassen muss. Dazu seien aber "ab und zu auch kritische Töne nötig". So wie die von Anton Hartl, der seit 40 Jahren in der Donau fischt. Natürlich wirke das Wasser sauber, sagt er. Aber die Kläranlagen würden bei weitem nicht alle chemischen Verschmutzungen und Hormonpräparate entfernen, ist er sich sicher. Das falle vor allem bei den Passauer Aalen auf, die von den Fischern nicht verkauft werden dürften. Der Grund: Sie überschreiten regelmäßig den HCBD-Wert – Hexachlorbutadien, die aus den Wackerwerken stammen könnten.

Wie viele andere Fische auch, werden Aale in Passau künstlich eingesetzt. "Der Fischbestand ist in den letzten vierzig Jahren drastisch zurückgegangen", sagt Hartl, der nur noch nebenberuflich fischt. Ein Berufsfischer in Passau kann nicht mehr überleben.

Ein Grund ist die fehlende Durchgängigkeit der Flüsse für Fische. "Flüsse sind längst keine Flüsse mehr", sagt Haberzettl. "Weil nichts mehr fließt." Die Wasserrahmenrichtlinie sieht dies ähnlich und schreibt für 2027 vor, die Durchgängigkeit wieder herzustellen. Ein guter Schritt, wie Haberzettl findet. Die Fischaufstiegshilfen an den Kraftwerken Hals und Oberilzmühle seien bereits gut, während in Jochenstein und Ingling gehandelt werden müsse. Und auch am Kachlet sieht er Bedarf. Zwar könne es sein, dass die dortige alte Fischtreppe den Ansprüchen der Richtlinie genügt, "doch nach heutigen Erkenntnissen wäre sie technisch sicherlich um 500 Prozent verbesserbar", so Haberzettl. Hartl hingegen sieht die Wirkung solcher Aufstiegshilfen wenig optimistisch: Mit Ausnahme der Aale würden nur wenige Fische diese überhaupt finden. Sie folgen der Strömung, beispielsweise um zu laichen, und landen dann direkt vor der Staumauer, vermutet er."Doch "Laichwanderung macht ohnehin keinen Sinn mehr", fügt Hartl pessimistisch hinzu. Weil die Bedingungen nicht mehr stimmen.

"Ein Fluss ist mehr als ein Betonbeet", sagt auch Haberzettl. Auch Auen, Kraut und Kiesbänke gehören dazu und sind nötig für den Fischnachwuchs. Dass sich der Stadtrat jüngst gegen zwei Kiesbänke in Donau und Inn als Öko-Ausgleich für den Pumpspeicher Riedl ausgesprochen hat, aus Angst vor Hochwasser, kann er nicht nachvollziehen. An die 11000 Kubikmeter Wasser seien in der Spitze des Hochwassers 2013 pro Sekunde in die Stadt geströmt, da würde ein einmaliges Hinzufügen von einigen wenigen Kubikmetern Kies keinen Unterschied machen. In der Stadt Passau werde Wasser aufgrund der Überschwemmungen immer feindlich betrachtet: "Der Fluss wird immer als Gegner gesehen."

Hartl würde sich zwar auch über mehr Kieslaichplätze, zum Beispiel für die heimischen "Nasen", freuen, sieht künstlich angelegte Kiesbänke aber kritisch. Vor zehn Jahren hätte man als Ausgleichsfläche für den Hafen in Lindau bereits Kies im Inn aufgeschüttet. Doch dieser sei zu weit weg von der Schifffahrt, bedauert er. Denn: "Kiesbänke brauchen Wellen, sie brauchen Strömung." Nur so versanden sie nicht. Nur so lagern sich die Eier zwischen den Steinen und nicht auf ihnen ab, wo sie, beispielsweise von den eingewanderten Grundeln, gefressen werden. "Wenn künstlich aufschütten, dann an einem optimalen Platz", sagt Hartl.