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22.03.2017 - PNP - Baum unter in Kohlbruck

Bizarrer Anblick: Hinter dem peb-Erlebnisbad staut ein Biber 150 Meter langen Natursee auf – Naturschutzbund begeistert

von Daniela Pledl

Auf den ersten Blick könnte man meinen, es seien Holzarbeiten im Gange: Bäume, fünf Meter und länger, liegen in Reih und Glied, allesamt ohne Geäst. Nur dass sie nicht abgeschnitten, sondern abgenagt wurden. Im Landschaftsschutzgebiet Kohlbruck, auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände der Ritter-von-Scheuring-Kaserne, hat ein Biber an einem abgeschiedenen Örtchen, zwischen dem peb-Freibad und dem Reitclub Passau, ganze Arbeit geleistet. Der Scheuereckerbach ist dort längst mehr als ein Rinnsal: Auf etwa 150 Meter Länge und 50 Meter Breite hat das Nagetier unweit der Brücke, über die die Pionierstraße führt, einen See aufgestaut.

"So etwas habe ich noch nie gesehen" Es gibt einen kleinen und einen großen See, dazwischen hat der Biber seine "Burg" errichtet. Bäume stehen mit ihren Wurzeln im Wasser, ihre Äste berühren teilweise bereits das kühle Nass. Für Kilian Fischer und seinen Freund Patrick Ehgartner ein ungewohnter Anblick. Die beiden haben die PNP auf das bizarre Landschaftsbild aufmerksam gemacht. Sie waren darauf gestoßen, als sie wie gewohnt Vogelhäuschen für das Frühjahr vorbereiten wollten. Wie tief das Wasser in dem vom Biber geschaffenen See steht, können sie nicht sagen, "aber die Gummistiefel reichen nicht mehr aus, um an das Vogelhäuschen ranzukommen", sagt Ehgartner.

Kilian Fischers Vater, Werner Fischer, hatte das Vogelhäuschen erst im vergangenen Jahr dort, in einer Senke des Scheuereckerbachs, aufgehängt. "Da war noch keine Spur von einem Biber. So etwas habe ich noch nie gesehen." Und das, obwohl er die Gegend schon seit Jahrzehnten kennt. Zwar habe man bereits im vergangenen Jahr, unweit des pebs, bei einem künstlich angelegten Weiher, Biberspuren bemerkt. Von da scheint das Tier nun aber weitergezogen zu sein.

Der Biber als "Lebensraumgestalter"Wie schnell und wie massiv sich der Biber in der Senke eingerichtet hat, verblüfft Werner Fischer. Er weiß: Mit Ausnahme der Erlen werden die Bäume, die im Wasser stehen – die Eschen, Buchen oder Fichten –, mit den Jahren absterben. Sterben müssen wohl auch zahlreiche Bäume rund um den See, deren Stämme – teilweise so dick, dass sie ein Mensch nur schwer umarmen kann – schon angenagt sind. Die drei Männer sind sich außerdem unsicher, was passiert, wenn die Dämme, etwa bei Starkregen, eines Tages brechen.

Karl Haberzettl, Vorsitzender der Kreisgruppe Passau des Bund Naturschutz in Bayern e.V., kennt das Biberrevier im Landschaftsschutzgebiet Kohlbruck bereits. Er hat keine Bedenken, ist vielmehr begeistert. "Mich fasziniert, wie der Biber in relativ kurzer Zeit die Landschaft so gestalten kann." Einen so großen Stau sehe man, so Haberzettl, nicht alle Tage. Der Vorsitzende des Naturschutzbundes gibt regelmäßig Biberführungen und er weiß: "Es gibt niemanden, der von so was nicht fasziniert wäre." Für ihn ist der Biber vor allem eines: Lebensraumgestalter. Er schafft Raum zum Laichen und Lebenswelten für Frösche, Enten oder aber Libellen.

Rund 15 bis 20 Biberreviere gibt es in Passau, das hat Biberberater Herbert Wolf erst vergangene Woche auf Anfrage der PNP geschätzt. Wie der Biberberater glaubt auch Haberzettl nicht an eine Zunahme der Biberpopulation – obwohl immer mehr Biber auf den Straßen gesichtet und zum Teil überfahren werden (am Wochenende etwa an der Regensburger Straße geschehen). "Alle Lebensräume, die die Biber besiedeln können, sind besiedelt", sagt der Naturschutzbundvorsitzende. Auch im Landschaftsschutzgebiet Kohlbruck sei das Nagetier kein Neuling. Schon seit drei bis vier Jahren wisse er von dem dortigen Revier. "Vielleicht ist es wegen den vielen Blätter, von Frühjahr bis Herbst, nur nicht aufgefallen."

Anton Hartl, der seit 40 Jahren in Passau fischt, und sich mit den hiesigen Gewässern auskennt, sieht ebenfalls keinen Anstieg in der Biberpopulation, jedenfalls keinen abrupten. Vor allem in der "Schilddorfer Au" (beim Faberhof, Richtung Achleiten) weiß er aber viele Biber, allein dort schätzt er zehn bis 15 Tiere. Da wurde renaturiert, dort beginnen die Altwässer. "Das passt ihnen."

Haberzettl warnt vor Alleingang gegen BiberWährend sich andernorts Fischer über Biber beschweren, sind die Tiere in Passau weniger ein Problem, weil es im Stadtgebiet kaum Fischweiher gibt, deren Zu- und Abflüsse sie blockieren könnten. "Grundsätzlich tut der Biber den Fischen sogar gut", sagt Hartl. Das tote Holz biete etwa Unterstände und Platz für die Brut. Nur das Fischen selbst, vor allem mit Netzen, werde durch das vom Biber verursachte Gehölz schwieriger.
Wie die Stadt vergangene Woche mitteilte (PNP berichtete), wurde in Passau bisher noch kein einziger Biber gefangen oder getötet. Haberzettl bittet darum, bei Schäden durch oder Problemen mit dem Biber Kontakt zu den zuständigen Biberbeauftragten bzw. -beratern zu suchen. Wie die Polizei Grafenau kürzlich informierte, ist jüngst ein Biber mit Genickbruch, der nicht eines natürlichen Todes gestorben zu sein scheint, entdeckt worden. "Es gibt andere Möglichkeiten", mahnt Haberzettl. "Man muss darüber reden." Biber unterliegen dem Bundesnaturschutzgesetz in Verbindung mit der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und sind demnach besonders und streng geschützt. Es ist verboten, sie zu fangen oder zu töten. Ausnahmen werden nur zur Abwendung erheblicher Schäden gemacht.