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Dr. Claus Bässler vom Nationalpark Bayerischer Wald zeigt Folgen der Erwärmung auf – Haberzettl legt Bilanz vor

Der Klimawandel findet vor Ort statt. Er führt zu einer Verschiebung des Artengefüges und einer Veränderung der Artengemeinschaften. Erste Einwanderer gibt es schon, eine genetische Verarmung ist zu erwarten. Das hat Dr. Claus Bässler, stellvertretender Leiter des Sachgebiets Naturschutz im Nationalpark Bayerischer Wald, bei der Jahreshauptversammlung des Bund Naturschutz aufgezeigt, die im Gasthaus Vogl auf der Ries stattfand.

"Der Klimawandel ist bei uns angekommen", sagte Claus Bässler vor rund 60 Teilnehmern. Seit den 1980er Jahren würden die Temperaturen steigen. Dies sei ein deutliches Klimasignal. Zugleich nehme das CO2 in der Luft zu. Der Zusammenhang zwischen Temperaturerhöhung und CO2-Anstieg sei eindeutig. Werde das 1,5-Grad-Ziel der Weltklimakonferenz in Paris 2015 nicht erreicht, gebe es ein globales Artensterben.

Ein "irres Signal" für den Klimaanstieg hierzulande seien die wärmeren Temperaturen im April, sagte Bässler. Im Vergleich zu den 70er Jahren sei es jetzt um drei bis vier Grad wärmer und der Winter ende um drei bis vier Wochen früher. Die Bäume würden früher austreiben. Die Vögel brüteten früher, aber die Raupen fehlten, weil sie sich nach einem anderen Rhythmus entwickeln. Auch der Herbst beginne früher. In der Natur sei aber alles aufeinander abgestimmt. Die Blüte sei da, die Biene fehle. Artengemeinschaften würden sich verändern, unterschiedlich auf den Klimawandel reagieren und "auseinandergerissen". Flechten, in denen viele Tierarten leben, würden aussterben, wenn es trockener wird. Vor allem Insekten reagierten sensibel. Bestimmte Populationen, die für die genetische Vielfalt wichtig sind, gingen verloren. Neuankömmlinge seien auf dem Vormarsch.

"Für die Arten der Berggipfel wird es eng im Klimawandel", warnte Bässler. Biodiversität sei wichtig, weil die Ökosystemprozesse miteinander verbunden sind. Extreme Wetterereignisse wie Stürme nehmen zu. Wichtiger Treiber für die Biodiversität im Wald sei das Licht. Aufgabe des Nationalparks sei der Erhalt natürlicher Artengemeinschaften. "Jeder alte Baum ist enorm viel wert", so Bässler. Er forderte mehr Forschung vor Ort, um zu verstehen, wie sich die Veränderung der Arten auswirkt.
BN-Kreisvorsitzender Karl Haberzettl legte eine eindrucksvolle Bilanz an Aktivitäten der Kreisgruppe vor. Sie setze sich dafür ein, dass Missstände beseitigt werden, zum Beispiel in der STF Recycling GmbH in Aicha vorm Wald, die nach dem Einsatz von BN, BI und Gemeinderäten Anlagen schließen musste, weil Genehmigungen fehlten. Der BN sei für den Erhalt von Arbeitsplätzen, "aber nicht um jeden Preis", sagte Haberzettl. STF müsse die Werte des Abwassers einhalten und es vorklären, wie andere Betriebe auch. Es sei ein Erfolg, dass so die geplante Kläranlagenerweiterung, "die die Bürger hätten zahlen müssen", vom Tisch sei. Diese mussten bereits die Mehrkosten für die Abwasserentsorgung in den letzten Jahren tragen.

Weiterer Brennpunkt sei der enorme Artenverlust in der Tier- und Pflanzenwelt, sagte Haberzettl. Bienen fänden keine Nahrung mehr. Auf den intensiv gedüngten Wiesen gebe es nur mehr den Löwenzahn. Wertvolle Ökosysteme seien auch durch den Abbau von Quarzkies bedroht, zum Beispiel mitten im Neuburger Wald auf einer Fläche von 35 ha oder im Landschaftsschutzgebiet an der Gaißa in der Gemeinde Tiefenbach. Der BN wehre sich dagegen. Während man im Neuburger Wald gut aufgestellt sei, habe man in Tiefenbach wohl das Bergamt gegen sich, dessen Recht Vorrang vor Landesrecht genieße.

Dabei drohe dem Gaißatal weiteres Ungemach durch die geplante Nordtangente, die zwar in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde, aber mit einer Kosten-Nutzen-Rechnung begründet werde, die nicht offengelegt werde, ärgerte sich Haberzettl. Die Trasse ab Wegscheid sei 36 Kilometer lang, 19 Kilometer Straße müssten neu gebaut werden.

Zum Artensterben trage der riesige Flächenverbrauch im Landkreis bei, zum Beispiel auch durch das Gewerbegebiet Rathsmannsdorf. 10000 Hektar seien im Landkreis Passau in den letzten Jahren Verkehrs- und Industrieflächen zum Opfer gefallen. Täglich werde bayernweit eine Fläche von 14 Hektar verbaut. Der BN habe die bayerische Verfassung und das Bodenschutzprogramm zu verteidigen. Heftig kritisierte er Heimatminister Markus Söder, der das Anbindegebot für Gewerbeflächen an Siedlungen aus dem LEP gestrichen habe. Haberzettl monierte den für Naturschützer "überdimensionierten Ausbau von Straßen und Kreuzungen", zum Beispiel in Hundsdorf oder Freyung. Auch Hochwasser und Starkregen oder der Widerstand gegen das geplante Pumpspeicherwerk Riedl beschäftigten den BN. Großen Anklang finde der Energiestammtisch Sittenberg. Hornissen- und Turmfalkenschutz, Grundstückskäufe oder das Projekt "Life Nature" zu einer grenzüberschreitenden Renaturierung der Moore, das der BN an Land zog, seien alte und neue Aufgaben.